Bericht vom 38. Magento Stammtisch Kiel am 8. Dezember 2021
Zwei Tage nach Nikolaus und nur wenige Stunden nachdem die neue Bundesregierung vereidigt worden war, stand schon das nächste Highlight an: das 38. Treffen des Magento Stammtischs Kiel als Weihnachtsedition – natürlich online. Mitten in der Adventszeit waren 26 Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor den Webcams versammelt – darunter ein kleines Who-is-who der deutschsprachigen Magento Community. Die meisten bedienten sich mit Freuden am vorab an die Runde verschickten Sixpack der Weihnachtsedition von der sympathischen Kieler Brauerei lille.
Mit von der Partie war mit Vinai Kopp einer der Initiatoren des offenen Briefs, der vor drei Monaten für lebhafte Aufbruchstimmung in der Magento Open Source Community gesorgt hatte. Die mit diesem viel diskutierten Brief angestoßenen Entwicklungen innerhalb der Community waren denn auch unser Thema an diesem Abend, der ganz bewusst ohne Vorträge geplant war. Es ging also um nicht weniger als die Zukunft von Magento Open Source.
Vinai Kopp zum Stand der Dinge
Gemeinsam mit Willem Wigman ist Vinai Kopp einer der wichtigsten Köpfe hinter dem Community-Projekt Mage-OS. Das im offenen Brief an die Community formulierte und nach ausgesprochen lebhafter Diskussion über Social Media, in Blogs und auf Podien noch einmal in Form eines kleinen Status-Updates präzisierte Ziel ist ambitioniert. Es besteht darin, die Weiterentwicklung von Magento Open Source unter dem Namen Mage-OS als Community selbst zu tragen. Um die Stammtischrunde auf den aktuellen Stand der seither laufenden Entwicklungen zu bringen, skizzierte Vinai kurz die gegenwärtige Situation: Auf GitHub gibt es inzwischen einen Sammelpunkt zum Zusammentragen der vorhandenen Software rund um Magento 2. Derzeit läuft noch die interne Open Source Entwicklung – und das Ganze soll schon bald für die Community geöffnet werden.
Quo vadis Magento? – Quo vadis Shopbetreiber?
Stammtisch-Teilnehmerin Sirkka sprach eine Befürchtung aus, die viele in der Community seit Bekanntwerden der Übernahme von Magento durch Adobe 2018 umtreibt: Was wird aus Magento, wenn Adobe hier ähnlich agiert, wie bei anderen Softwareprodukten rund um Bildbearbeitung und Grafik? Zudem wies sie darauf hin, dass derzeit viele kleinere Shopbetreiber Magento zugunsten von Shopify oder Shopware den Rücken kehren.
Der Entwickler Kristof Ringleff gab zu bedenken, dass Magento sich – anders als Shopify – als selbstgehostete Lösung gar nicht auf die kleinsten unter den Händlern konzentrieren könne. Sein Kollege Lars Röttig fragte nach der rechtlichen Grundlage für Mage-OS sowie nach den Möglichkeiten, PCI-Unterstützung für die Shopbetreiber zuverlässig zu gewährleisten. Und später wies Lars noch auf die offene Großbaustelle „Magento Service Isolation Vision“ hin. Es zeigte sich auch an diesem Abend einmal mehr, wie vielschichtig die von der Magento Open Source Community Alliance (MOSCA) um Vinai und Willem angestoßene Debatte zur Zukunft von Magento ist.
Das Projekt Mage-OS und sein Vorbild
Auch mit den an diesem Abend in der Stammtisch-Runde aufgeworfenen Fragen beschäftigen sich Vinai und seine Mitstreiter seit Monaten intensiv. Ihr Ziel ist es, eine tragfähige juristische, organisatorische und wirtschaftliche Grundlage für das Projekt zu schaffen. Er betonte, dass alles in Ruhe – womöglich über ungefähr zwei Jahre – aufgebaut werden könne, wobei Mage-OS mit einem Verein beziehungsweise einer Firma unterfüttert werden könnte. Zwei ganz wichtige Aspekte sind dabei ein hohes Maß an Transparenz und die tiefe Verankerung in der Community.
Als gutes Vorbild nannte er die Open-Source-Community des CMS TYPO3. So könnte die „Firma“ hinter Mage-OS – ähnlich wie in der TYPO3 Community – auch Entwickler für wichtige Weiterentwicklungen finanzieren. Und auch in Fragen zu Prozessabläufen könnte TYPO3 ein Vorbild sein: Dort kann ein Pull Request gemerged werden, wenn er von zwei Maintainern akzeptiert worden ist. Vinai unterstrich noch einmal: Mage-OS wird unabhängig werden. Das bedeutet aber auch, dass dann Verantwortung übernommen werden muss. – Und er lud alle, die an Mage-OS mitwirken möchten, dazu ein, sich zu melden.
Fragen, die bleiben
Die Stammtisch-Runde diskutierte sehr kritisch, ziemlich kontrovers und bisweilen leidenschaftlich über die Zukunft von Magento und der dazugehörigen Community. Stammtisch-Organisator Carsten Stech stellte die Frage in den Raum, ob es denn in zwei Jahren wieder so selbstverständlich wie früher sein wird, dass Magento in Betracht gezogen wird, wenn es darum geht, einen neuen Onlineshop aufzusetzen. Jaromir Fojcik – wie Carsten Geschäftsführer einer Agentur – zeigte sich mit Blick auf die Community sehr besorgt und fragte: Wird es bei den Entwicklern Nachwuchs geben?
Auch am Ende standen beim letzten Treffen des Magento Stammtischs Kiel im Jahr 2021 also noch sehr, sehr gewichtige Fragen im virtuellen Raum. Und als wären die nicht schon komplex und weitreichend genug, wurde an diesem wirklich schönen Abend von einigen dann noch bis nach zehn Uhr über Kinder, das Leben und so weiter geschnackt.
Wir wünschen allen schöne Feiertage und einen guten Rutsch!